andere Erziehungsstile als Bereicherung sehen

Wenn Eltern auf andere Eltern treffen, geht es schnell um alles oder nichts. Die Themen der ersten Jahre: Tragetechnik, Beikost, Schnullerfrage und Frühförderung. Später wird über die richtige Schule oder um den Umgang mit elektronischen Medien verhandelt. Aber wenn andere sich einmischen, ihre Meinung sagen oder gar mein Kind kritisieren: geht gar nicht!

Doch wie lohnend und entlastend wäre es, wenn wir den Reichtum erkennen könnten, der in anderen Erziehungsstilen und Lebensweisen liegt? Kinder profitieren enorm davon, wenn sie bei anderen Menschen beobachten und erfahren können: "Okay, so geht es auch." Aus der Resilienzforschung weiß man zudem, wie wirksam und hilfreich Vorbilder außerhalb der Familie sein können. Manchmal erkennt ein Außenstehender viel klarer als die Eltern, dass in dem "Nesthäkchen" noch ganz andere Fähigkeiten schlummern als vor allem der oder die "Kleine" zu sein. Und ja, vielleicht ist ein kleines Donnerwetter vom Nachbarn, weil schon wieder Kaugummis vorm Eingang auf dem Boden kleben, deutlich wirksamer als die eigenen Ermahnungen? Man kann es auch mal so sehen: Wenn der Sohn auf dem Kindergeburtstag in den "unmöglichen" Action-Thriller geht, kann er in der Schule mitreden, man selbst aber bleibt seinen Prinzipien treu.

Außerdem: es fühlt sich einfach viel besser an, auf andere zu vertrauen und miteinander Kinder großzuziehen, statt gegeneinander zu agieren.

Almut Siegert in: Niemand ist eine Insel (Artikel im Magazin WERDE 2/2014)

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