Herr Selbstzweifel zu Besuch

"Was mache ich hier eigentlich?", dröhnt es in meinem Kopf wieder...

Die Kinder sitzen vergnügt auf der Wiese und spielen vor sich hin. Der Mann schraubt am Auto. Anscheinend ist alles perfekt. Doch ausgerechnet jetzt meldet sich Herr Selbstzweifel zu Wort. Ich kenne seine Stimme gut. Und schon sein erstes Wort lässt mich innerlich mit den Augen rollen. Und trotzdem höre ich ihm zu. Wie schon so oft.

"Willst du nichts aus deinem Leben machen? Was machst du eigentlich Sinnvolles den lieben langen Tag lang? Was soll aus deinen Kindern werden bei so einer Glucke als Mutter?" Autsch, das hat gesessen. Mit dieser Stimme im Hinterkopf kämpfe ich mich also durch den Tag und innerlich bin ich bereits dabei mein Leben auf den Kopf zu stellen, damit aus mir endlich mal noch etwas wird. Ich könnte noch etwas studieren, so easy nebenbei. Oder ich mache mich selbstständig, so easy nebenbei. Ich schicke die Kinder also doch schon eher in die KiTa, die schaffen das schon, genau wie es auch bei den anderen klappt, easy halt. Vielleicht suche ich mir einen Job, den ich von zu Hause aus machen kann, so easy nebenbei. Bei den anderen geht es doch auch. Mit mir scheint wohl etwas nicht ganz in Ordnung zu sein…

Ein lieber Freund hört sich ein paar Tage darauf meinen inneres Chos an und lächelt. "Wieso schaust du eigentlich so viel nach rechts und links?", fragt er mich. "Wenn du nicht so viel danach schauen würdest was und wie es die anderen machen, wärst du wahrscheinlich glücklicher und würdest dir ziemlich viel Zeit und Nerven sparen." Bingo. Jetzt lächle auch ich und ich fasse einen Entschluss. Ich will mir selbst vertrauen und meine Entscheidungen nicht mehr mit denen der anderen vergleichen.

Am nächsten Tag treffen wir uns mit ein paar Spielefreunden. Mütter, die ich schätze. Mütter, die ziemlich taff daherkommen und ganz sicher nie Zweifel an sich selbst haben. (Denkste.) Aber heute lasse ich mir Herrn Selbstzweifel lächelnd am Arsch vorbei gehen und genieße einfach die Zeit. Ich fühle mich wohl. Ich höre auf mich innerlich zu rechtfertigen und mir schon im Voraus Erklärungen zurecht zu legen wieso und weshalb wir dies oder jenes nun so und nicht andersherum machen. Es ist befreiend und wunderschön, ganz ehrlich und wertungsfrei sagen zu können: "Das machen wir so, weil es für uns zurzeit so passt. Wir mögen das so."

Ich wünsche uns, dass wir es immer öfter schaffen Herrn Selbstzweifel rauszuschmeißen und immer besser darin werden, ihm unsere Gedankentür gar nicht erst zu öffnen. Vertraue dir und deinem Mutterinstinkt. Du spürst schon richtig, geh dem nach. Ich wünsche uns das Aufatmen und die Gelassenheit die kommt, wenn wir das Andere des Anderen akzeptieren, feiern und sogar unterstützen können ohne uns selbst dabei in Frage zu stellen. Du bist schon richtig so, vertrau dir.

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