Weil ich als Mutter so unmittelbar gefragt bin und meine Aufmerksamkeit so lautstark und hartnäckig eingefordert wird, wird es mir auch zur Falle, meine Grenzen dauerhaft zu überschreiten, mich auszuliefern an die Dynamik der Kinder und des Haushalts und meine Zeit nicht mehr selbst zu gestalten, sondern nur noch der Pflicht nachzukommen. Dann werde ich mehr gelebt als dass ich noch schöpferisch wäre. Ich verliere das Gespür für mich selbst und für meine Würde. Ich merke es daran, dass ich gar nicht mehr sagen kann, was mir gerade gut täte, und dann ist es eigentlich schon zu spät. Ich bin angewiesen auf Momente, in denen ich einfach nur da bin und mich lebendig fühle, den Augenblick der Stille am Morgen, um mich dem Blick Gottes auszusetzen, einen Spaziergang im Wald, meine geliebte Tanzmusik, zu der ich durch die Küche hüpfe, meine Mittagspause, eine wohltuende Massage, die mir hilft, meinen Leib wieder zu spüren, auch ab und zu ein „Stiller Tag“ ganz für mich alleine. Oder als ärztliches Rezept zusammengefasst, wie ich es an der Zimmertür einer Kommilitonin gelesen habe:
Tu das, was du willst – mindestens einmal täglich.
Meine Heimat liegt im Schwäbischen, wo das „Schaffen“ einen hohen Wert hat und der Fleiß schon fast Kultstatus besitzt. Ich habe arbeiten gelernt, will gern auch fertig werden und stolz auf das schauen, was ich geleistet habe. Ein solches Erfolgserlebnis ist eben mit kleinen Kindern selten zu haben. So bin ich abends oft unzufrieden mit dem halbfertigen Tagwerk und habe den Blick nicht frei für das, was an Beziehung gelungen ist, für das dankbare Lächeln meines Sohnes, weil ich an seinen Tauftag gedacht und ihm die geliebten Salbeibonbons geschenkt habe, für das „danke, Mama“ meiner Tochter, weil ich sie (in meinen Augen völlig unnötigerweise) in die Schule gefahren habe, und für das, wofür dieser Tag in Gottes Augen vielleicht gut gewesen ist. Meine Maßstäbe des Erfolges sind nicht unbedingt die, die auch Ewigkeitswert haben, und ich ahne, dass ich von der Barmherzigkeit Gottes bislang nur einen Bruchteil begriffen habe. Ein Zitat von Mutter (!) Teresa ermutigt mich, dranzubleiben:
Gott hat mich nicht dazu berufen, erfolgreich zu sein. Er rief mich, damit ich ihm vertraue.
Text von Daniela Mascher
Quelle: Was eine Mutter tangiert: Über Berufung, Sehnsucht und Leidenschaft. (ojc.de)
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