Eine andere, zerstörerische Versuchung ist der Vergleich mit anderen Müttern. Die grinst mich im Gemeinschaftsleben fast täglich hämisch an, weil wir so eng miteinander unterwegs sind und dazu Kinder in ähnlichem Alter haben.
Die Versuchung ist entweder, mich selbst herabzuwürdigen und fertig zu machen, weil die Wohnung der anderen sauberer und so schön dekoriert ist, weil ihre Tomaten so üppig wachsen und ihr Sohn früher trocken ist als meiner; oder aber meinen durch die mangelnde Anerkennung für meine Leistung angekratzten Stolz aufzupolieren, indem ich das Verhalten anderer Mütter gegenüber ihren Kindern beurteile. Die eine setzt ihrem Kind zu wenig Grenzen, die andere redet zu viel, eine dritte lässt sich in die Geschwisterkonflikte hineinziehen – und ich, ich weiß es besser und stehe besser da. Als müsste ich mir meinen Wert erarbeiten! Ich merke, der Vergleich spaltet mich ab von mir selbst, von dem, was mir als Identität verliehen ist. Und er entfernt mich von meinem Schöpfer, aus dessen Hand ich mich doch selbst mit Gaben und Grenzen empfangen möchte! So ist mir der Verzicht auf den Vergleich eine schwierige, aber heilsame Übung, die sich, wie alles, was in Demut endet, wesentlich leichter mit Humor bewältigen lässt: In meinem Elternhaus war früher eine Innenwand der Toilette vollständig tapeziert mit Zitaten, Karikaturen, Sprüchen und Weisheiten. Eine davon hat sich mir eingeprägt:
Versuche niemals jemanden so zu machen, wie du selbst bist. Du weißt – und Gott weiß es auch: einer von deiner Sorte reicht.
(Ralph Waldo Emerson)
Text von Daniela Mascher
Quelle: Was eine Mutter tangiert: Über Berufung, Sehnsucht und Leidenschaft. (ojc.de)
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