Ich bin kurz nach meinem Studium Mutter geworden, und inzwischen eine vierfache. Diesen Beruf habe ich eigentlich schon immer angestrebt, auch in der Zeit, als ich mich mit höherer Mathematik und Quantentheorie auseinandergesetzt habe. Da ist mir meine eigene Mutter ein überzeugendes Vorbild gewesen. Ich denke, dass Kinder selbstverständlich zum Leben dazugehören. Allerdings verkrafte ich meiner Natur nach nicht besonders viele Kinder um mich herum. Ich bin auch gerne allein. Und der Beruf der Erzieherin etwa nötigt mir großen Respekt ab. Was ich aber mag an meinem Beruf: Ich arbeite gerne zu Hause, kann meine Arbeit in vielen Bereichen selbst einteilen, backe Brot, sortiere mit der Wäsche gleichsam mein ganzes Leben und versuche, mit gutem Essen meine Familie glücklich zu machen.
Die Liebe geht bei mir vor allem durch den Magen. Den Einstieg in die Familienphase hat mir meine älteste Tochter recht leicht gemacht, und ich war erfreut zu merken, dass der Schöpfer die Frauen mit ganz natürlichen Begabungen ausgestattet hat, die sie brauchen, um ihre Kinder zu versorgen – das Stillen zum Beispiel! Es gibt allerdings auch viele Fähigkeiten im Umgang mit Kindern, die mir nicht angeboren sind, die aber von großem Nutzen wären. ⇐
Die Gabe z. B., sich Geschichten auszudenken, sich ganz in ein Rollenspiel mit dem Kind zu vertiefen oder Ideen für kreatives Gestalten zu haben. Manches kann ich immer noch nicht oder lerne es mühsam. Deshalb bin ich dankbar, dass unsere Kinder mit Geschwistern aufwachsen und viel miteinander beschäftigt sind, so dass ich gar nicht so viel „spielen muss“. Sie haben viel bessere Ideen als ich.
In die Erziehungsarbeit bin ich hineingewachsen, auch durch viele konstruktive Gespräche mit meinem Mann, mit dem ich viele Familiensitua-tionen gemeinsam reflektiert habe. Und meine Geschwister in der Kommunität spiegeln mir, dass ich dabei mit Ruhe und Festigkeit vorgehe. Aber ein undankbarer Job ist es zweifellos trotzdem, und keiner kann sagen, was am Ende dabei herauskommt und was die Kinder mir einmal danken werden. Woher soll ich mit Sicherheit wissen, ob ich ihnen das wirklich Wichtige mitgebe, ob meine Liebe ankommt, ob ich an den rechten Stellen streng und an anderen großzügig bin? Wann kriege ich den Bescheid, dass ich die Prüfung bestanden habe?
Das kann doch nicht meine ganze Berufung sein! Ich habe eine Leidenschaft, die hinaus will in die Welt, eine Sehnsucht nach der großen Aufgabe, einen Neid auf alle, die sich am Schreibtisch mit bedeutsamen Texten befassen und einen Gedanken wirklich zu Ende denken können und die am Ende etwas veröffentlichen und, ja, auch Anerkennung finden. Diese Stimme, die mir einredet, ich sei am falschen Platz und es gäbe Wichtigeres zu tun auf dieser Erde, das ist meine Stimme der Versuchung. Es hat durchaus schon Gelegenheiten gegeben, außerhalb der Familie tätig zu werden, die mir gut getan haben, aber sie sind nur mit großem Kraftaufwand und mit Hilfe anderer möglich.
Text von Daniela Mascher
Quelle: Was eine Mutter tangiert: Über Berufung, Sehnsucht und Leidenschaft. (ojc.de)
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