Sogenannte „Bindungslücken“ entstehen immer dann, wenn ein Kind in seinem aktuellen Streben nach Bindung nicht ausreichend gesättigt wird.
- durch Trennung von der Bezugsperson
- durch Verletzung seines Nähe-Bedürfnisses
- durch mangelnde Feinfühligkeit der Bezugsperson
- durch eine Objekt-Haltung zum Kind (hohe Erwartungen an das Kind)
- durch Ablehnung des Kindes (Verhalten, Charakterzüge, Temperament betreffend)
- durch ungenügende Präsenz der Bezugsperson (Vorbild- Lehrfunktion)
- durch übermäßiges Kritisieren, Schimpfen, Bloßstellen
- durch Verletzung seines Loyalitätsbedürfnisses
- durch Vertrauensmissbrauch
Der Mangel, der dann im Kind entsteht, richtet sich nach den spezifischen Bedürfnissen der jeweiligen Bindungsstufe des Kindes.
Woran kann man Bindungslücken erkennen?
1. Das Sein betreffend
- hartes Herz (zum Schutz vor weiteren Verletzungen), Kind erscheint unnahbar
- geringer Selbstwert
- Ablehnung von Emotionen („cool“ werden)
2. Das Verhalten betreffend
- Unruhe, kein vertieftes Spielen
- Ausprägung von Marotten zur Stillung des Bindungsbedürfnisses
(auffällige, anstrengende Kinder mit viel Aufmerksamkeitsbedürfnis) - Verweigerung von Anweisungen durch die Bezugspersonen (Auflehnung geg. Objektbeziehung)
- Distanzlosigkeit gegenüber Erwachsenen
- Anschluss an Gleichaltrige („Gleichaltrigenorientierung“)
3. Das Lernen betreffend
Kinder mit ungesättigtem Bindungsbedürfnis bleiben an einem best. Punkt ihrer psychischen Reifwerdung stecken und sind dadurch schwerer unterrichtbar. Ihr permanenter „Bindungshunger“ beeinträchtigt die Entwicklung von:
- Emergenz (Ausprägung einer natürlichen Neugier, Forscher- und Entdeckergeist, Lust am Lernen, Interesse für bestimmte Themen, Motivation zum Lernen)
- Adaption (Fähigkeit der Anpassung, Erkenntnis von richtig/falsch, Erfolg/Misserfolg, Antrieb bzw. Wunsch nach Verbesserung/ Leistungssteigerung, Suche nach Lösungen, Anstrengungsbereitschaft)
- Integration (Verknüpfung widersprüchlicher Gefühle/ Gedanken zugunsten der persönlichen Weiterentwicklung, Erfassen komplexer Zusammenhänge)
Quelle: Unsere Kinder brauchen uns, Gordon Neufeld
Weiterlesen: Bindung, Krippe, Eingewöhnung